Das Frailty-Syndrom (Gebrechlichkeitssyndrom) ist ein bei älteren Männern und Frauen häufig beobachtetes Syndrom, das durch eine Abnahme der körperlichen Reserven und der Widerstandsfähigkeit gegenüber Stressoren/Krankheiten gekennzeichnet ist. Aus endokrinologischer Sicht steht dabei die Abnahme der Muskelmasse, ihrer Funktion und damit der Verlust der koordinativen Fähigkeiten beim Stehen, Gehen und allgemein bei Bewegungen im Vordergrund. Das Frailty-Syndrom ist daher häufig mit einem erhöhten Risiko für Stürze, Krankenhausaufenthalte und Mortalität verbunden. Nicht wenige Menschen sehen sich allein aufgrund des Frailty-Syndroms gezwungen, ihre eigene Wohnung aufzugeben und in eine Pflegeeinrichtung umzuziehen.
Die Hauptursachen für Frailty-Syndromes sind Alterung, hormonelle Veränderungen und Mangelernährung (Eiweißmangel). Bei den hormonellen Veränderungen ist vor allem eine Abnahme der anabolen Hormone negativ sich auswirkend.
Im Folgenden werden die wichtigsten beteiligten Hormone und ihre Wirkungsweise kurz beschrieben.
Anabole Hormone Gebrechlichkeit (Frailty-Syndrom):
Testosteron: Testosteron spielt eine Schlüsselrolle bei der Erhaltung der Muskelmasse und -kraft. Ein altersbedingter Rückgang des Testosteronspiegels ist mit Sarkopenie (Muskelverlust) und einem erhöhten Risiko für Frailty assoziiert.
Wachstumshormon (GH) und Insulinähnlicher Wachstumsfaktor 1 (IGF-1): GH und IGF-1 fördern die Proteinsynthese und Muskelregeneration. Bei älteren Menschen nimmt die Produktion dieser Hormone ab, was zur Muskelatrophie und Frailty beitragen kann.
Katabole Hormone und Gebrechlichkeit (Frailty-Syndrom):
Cortisol: Chronisch erhöhte Cortisolspiegel (z. B. durch Stress oder chronische Erkrankungen fördern den Muskelabbau und erhöhen Entzündungsmarker, die mit Frailty in Verbindung stehen.
Schilddrüsenhormone – ihre zentrale Funktion und Gebrechlichkeit (Frailty-Syndrom):
Störungen der Schilddrüsenhormone (Hypo- oder Hyperthyreose) können Stoffwechselstörungen, Muskelschwäche und Gewichtsverlust verursachen, die Gebrechlichkeit ganz zentral fördern.
Sexualhormone und Gebrechlichkeit (Frailty-Syndrom):
Östrogene (Testosteron und DHEA-S): Bei postmenopausalen Frauen ist ein Rückgang des Östrogen- und des Testosteronspiegels mit einem erhöhten Risiko für Knochenschwund (Osteoporose) und Muskelschwäche verbunden, was das Frailty-Syndrom begünstigt.
Tesosteron und DHEA-S: Bei alternden Männern und postmenopausalen Frauen ist ein Rückgang des Testosteron- und DHEA-S-Spiegels mit einem erhöhten Risiko für Knochenschwund (Osteoporose) und Muskelschwäche verbunden, was das Frailty-Syndrom begünstigt.
Insulin, Insulinresistenz, Prädiabetes, Diabetes und Gebrechlichkeit (Frailty-Syndrom):
Insulinresistenz, wie sie oft bei älteren Menschen auftritt, kann die Energiebereitstellung für Muskeln und andere Gewebe beeinträchtigen und die Anfälligkeit für Frailty erhöhen.
Entzündungsregulierende Hormone und Gebrechlichkeit (Frailty-Syndrom):
Weniger bekannte Entzündungshormone wie Adipokine (z. B. Leptin und Adiponectin) spielen eine Rolle bei der Regulation von Entzündungen. Chronisch erhöhte Entzündungszustände, die häufig mit hormonellen Veränderungen einhergehen, sind ein wichtiger Faktor für Gebrechlichkeit. Entzündliche Veränderungen können bei chronischen Erkrankungen deutlich sichtbar sein, in vielen Fällen verlaufen sie jedoch stumm («silent inflammation»).
Fazit:
Hormonelle Veränderungen im Alter stehen in engem Zusammenhang mit den Mechanismen des Frailty-Syndroms. Sie beeinflussen die Muskelmasse, den Knochenstoffwechsel, die Energiebereitstellung und die Entzündungsregulation. Interventionen wie Hormontherapien oder andere Ansätze, die diese Hormonsysteme unterstützen, spielen eine wichtige Rolle bei der Prävention oder Behandlung des Frailty-Syndroms. Hormontherapien sind sehr wirksam – und gehören in die Hände eines Spezialisten, um die Risiken der Therapie abzuschätzen und zu minimieren. Aus endokrinologischer Sicht kann Gebrechlichkeit verhindert werden, sofern Abklärungen, Hormonanalysen und Therapie nicht zu spät erfolgen.