Der Zusammenhang zwischen dem Darmsystem, dem Mikrobiom und Hashimoto-Thyreoiditis ist ein spannendes Forschungsgebiet. Das Mikrobiom und das Darmsystem spielen eine bedeutende Rolle bei der Regulation des Immunsystems und der Entzündungsprozesse im Körper. Eine Dysbalance im Mikrobiom oder eine gestörte Darmbarriere kann zur Entstehung oder Verschlimmerung von Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis beitragen.
Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Schilddrüse angreift. Dies führt zu einer chronischen Entzündung und kann langfristig eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) verursachen. Die genaue Ursache von Hashimoto ist nicht vollständig geklärt, aber genetische Veranlagung und Umweltfaktoren spielen eine wichtige Rolle.
Das Mikrobiom ist die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die in und auf dem menschlichen Körper leben. Dazu gehören Bakterien, Viren, Pilze und andere Mikroben. Diese Mikroorganismen besiedeln vor allem den Darm, aber auch andere Körperstellen wie die Haut, den Mund und die Atemwege. Obwohl viele dieser Mikroben sehr klein sind, übertreffen sie in ihrer Anzahl die menschlichen Zellen um ein Vielfaches.
Dabei ist das Mikrobiom für die Gesundheit des Menschen unverzichtbar und hat vielfältige Aufgaben:
- Stoffwechsel: Es hilft bei der Verdauung von Nahrungsmitteln, die der Mensch allein nicht abbauen könnte (z. B. Ballaststoffe).
- Schutzfunktion: Das Mikrobiom verteidigt den Körper gegen krankmachende Keime, indem es um Nährstoffe konkurriert und antimikrobielle Substanzen produziert.
- Immunsystem: Das Mikrobiom trainiert das Immunsystem, damit es zwischen harmlosen und schädlichen Mikroben unterscheiden kann.
- Entzündungsregulation: Ein gesundes Mikrobiom trägt dazu bei, Entzündungen im Körper zu regulieren und übermässige Immunreaktionen zu verhindern.
Das Darmsystem hat viele Funktionen, die über die bloße Verdauung hinausgehen:
- Nährstoffaufnahme: Der Darm nimmt die Nährstoffe aus der Nahrung auf.
- Immunregulation: Etwa 70–80 % des Immunsystems befinden sich im Darm, da er eine der ersten Verteidigungslinien gegen Krankheitserreger ist.
Wie beeinflusst das Mikrobiom nun Gesundheit und Risiken für Autoiummkrankheiten:
- Darmgesundheit: Ein gesundes Mikrobiom unterstützt eine funktionierende Verdauung und kann Erkrankungen wie Reizdarmsyndrom und Darmentzündungen vorbeugen.
- Immunsystem: Da der größte Teil des Immunsystems im Darm angesiedelt ist, hat das Mikrobiom großen Einfluss auf das Gleichgewicht zwischen pro- und antiinflammatorischen Prozessen im Körper.
- Stoffwechselerkrankungen: Ein unausgeglichenes Mikrobiom, auch Dysbiose genannt, kann zur Entstehung von Stoffwechselerkrankungen wie Fettleibigkeit und Diabetes beitragen.
Fazit
Ein gestörtes Mikrobiom wird mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht, einschließlich Hashimoto-Thyreoiditis, Multiple Sklerose und Rheumatoider Arthritis.
Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass das Mikrobiom über die Darm-Hirn-Achse die psychische Gesundheit beeinflussen kann. Veränderungen im Mikrobiom wurden mit Depressionen und Angstzuständen in Verbindung gebracht.
Was ist nun der konkrete Zusammenhang zwischen Mikrobiom, Darm und Hashimoto?
Das Zusammenspiel zwischen dem Darm und der Schilddrüse wird oft als Darm-Schilddrüsen-Achse beschrieben. Hier sind die wichtigen Mechanismen, die diesen Zusammenhang erklären:
- Darmpermeabilität («Leaky Gut»): Bei einer erhöhten Darmdurchlässigkeit können unvollständig verdaute Nahrungsbestandteile, Toxine und Bakterien in den Blutkreislauf gelangen und eine Immunantwort auslösen. Diese Immunaktivierung kann dazu beitragen, dass der Körper Autoantikörper gegen die Schilddrüse bildet, wie es bei Hashimoto der Fall ist.
- Dysbiose (Ungleichgewicht im Mikrobiom): Ein Ungleichgewicht zwischen «guten» und «schlechten» Bakterien im Darm kann zu chronischen Entzündungen und einer Überreaktion des Immunsystems führen. Diese Dysbiose ist bei Menschen mit Autoimmunerkrankungen, einschließlich Hashimoto, häufiger zu finden.
- Vitamin- und Nährstoffmangel: Ein unausgewogenes Mikrobiom kann die Aufnahme von wichtigen Nährstoffen beeinträchtigen, die für die Schilddrüsenfunktion entscheidend sind, wie Selen, Zink und Vitamin D. Ein Mangel an diesen Nährstoffen kann die Hashimoto-Symptome verschlimmern.
- Entzündungsreaktionen: Bei Hashimoto gibt es oft eine erhöhte Entzündungsbereitschaft im Körper. Das Mikrobiom beeinflusst das Entzündungsgeschehen im Darm, was wiederum systemische Auswirkungen haben kann, einschließlich auf die Schilddrüse.
Was sind mögliche therapeutische Ansätze?
Darmgesundheit fördern: Durch die Einnahme von Probiotika, präbiotischen Lebensmitteln und eine gesunde Ernährung (z. B. eine entzündungshemmende Diät) kann das Mikrobiom positiv beeinflusst werden. Dies könnte theoretisch auch das Immunsystem beruhigen und die Autoimmunreaktion bei Hashimoto mildern.
Ernährung: Eine auf den Darm ausgerichtete Ernährung, die reich an Ballaststoffen und arm an entzündungsfördernden Lebensmitteln ist, kann die Symptome bei Hashimoto verbessern. Lebensmittel wie fermentierte Produkte (z. B. Joghurt, Sauerkraut) können das Mikrobiom unterstützen.
Leaky Gut behandeln: Wenn der Verdacht auf eine erhöhte Darmpermeabilität besteht, könnte eine Behandlung mit spezifischen Nährstoffen (z. B. Glutamin, Zink) sowie eine an den Darm angepasste Ernährung hilfreich sein.
Fazit
Das Mikrobiom und das Darmsystem spielen eine bedeutende Rolle bei der Regulation des Immunsystems und der Entzündungsprozesse im Körper. Eine Dysbalance im Mikrobiom oder eine gestörte Darmbarriere kann zur Entstehung oder Verschlimmerung von Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis beitragen. Durch die gezielte Pflege der Darmgesundheit könnte man möglicherweise auch die Schilddrüsengesundheit unterstützen und Autoimmunreaktionen lindern
Literatur zum Thema
Vorweg: von vielen neuen Buchpublikationen zum Thema Hashimoto ist abzuraten, da sie häufig von völlig unqualifizierten Autoren veröffentlicht worden sind.
- Darm mit Charme, Gulia Enders
- Die Darm-Hirn Connection, Prof. Dr. Gregor Hasler
- Hashimoto-Thyreoiditis. Facharztsprechstunde. Dr. med. Leveke Brakebusch